24 Stunden +

Am Morgen des 30 Juni liefen wir von Bergen aus. Knapp 200 Seemeilen und 30-40 Stunden lagen zwischen uns und den Shetland Inseln. Als wir den Hafen verließen, lag das Meer spiegelglatt vor uns und täuschte darüber hinweg, dass uns eine raue See erwartete. Acht Stunden später, hatte sich das Blatt gewendet. Seit Stunden kämpften wir nun schon gegen den aus Westen kommenden Wind und seine Wellen an. Trotzdem hatten wir bis jetzt nur 20 Meilen zurück gelegt und uns immer weiter von unserem Zeitplan entfernt. Deshalb entschieden wir umzukehren und uns hinter den norwegischen Schären zu verkriechen.

Am nächsten Tag setzen wir unsere Fahrt der Küste nach Norden folgend fort. Von Bulandet, wollten wir unseren zweiten Anlauf starten und obwohl die Windverhältnisse sich nicht verändert hatten, konnten wir aufgrund unseres nördlicheren Startpunkts einen anderen Kurs wählen. Schon zu Beginn machten wir deutlich mehr Fahrt und entfernten uns schnell vom norwegischen Festland. Am Nachmittag, als die Schichten für die Nacht verteilt wurden waren wir nur noch vom Meer umgeben. Mit der Hoffnung auf eine sternenklare Nacht schnappte ich mir mit einem schweizer Kollegen das Sahnestück von 0-4 Uhr. Leider bekam ich von 20-24 Uhr aufgrund des Seegangs kaum ein Auge zu und startete gerädert in meine Schicht. 

von links: Kapitän, Dinghy Kapitän, Schichtpartner, Vize-Kapitän

Anstatt sternenklar bekamen wir bewölkt und eiskalt und trotzdem genoß ich die Zeit. Da es elektronisch für diesen Bereich der Nordsee keine Karten gibt markierten wir alle 30 Minuten unsere Position auf einer traditionellen Seekarte. Zu zweit an Deck blieb viel Zeit bei dem ein oder andere Stück Schokolade den Horizont mit dem Fernglas abzusuchen. So kam es, dass wir uns mitten in der Nacht auf Kollisionskurs mit einem Kreuzfahrtschiff wähnten. Da uns die Beurteilung der Situation zu heikel war hatten wir wenig später unseren Kapitän neben uns stehen. Um seinen Schlaf gebracht fragte er uns mit gerunzelter Stirn, seit wann sich Bohrinseln von alleine fortbewegen können. Während er amüsiert seinen Weg zurück in die Kabine einschlug, brachten wir unsere Schicht zu Ende. Um vier Uhr fiel ich übermüdet in mein Bett und stellte erneut fest, dass sich meine Augen auf dem Meer nicht so zuverlässig schließen wie zu Hause.

Merke: Ist bei einem Objekt am Horizont kein grünes / rotes Licht zu sehen kann es dich nicht rammen! Egal wie schwarz die Nacht ist 😊

Am Nachmittag des nächsten Tages, erreichten wir bei typisch englischem Wetter die Isle of Out Skerries. Die Anstrengung der letzten Stunden war uns allen anzumerken und jeder war froh darüber angekommen zu sein. Obwohl mir die Überfahrt gezeigt hatte, dass ich eine längere Zeit auf dem Meer gut wegstecke, habe ich auch die Erkenntnis gewonnen, dass ein ein Chicken Tikka bei Seegang mein ultimativer Endgegner ist.


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